Wer einen Grad der Behinderung von mindestens 50 hat, gilt in Deutschland als schwerbehindert und bekommt einen Schwerbehindertenausweis. Damit sind verschiedene Nachteilsausgleiche verbunden, beispielsweise ein Nachlass beim Eintrittspreis im Kino, Museum, Theater, Freizeitpark oder Schwimmbad. Je nach Art der Behinderung gibt es auch Parkerleichterungen oder kostenlose Beförderung im ÖPNV. Das wäre doch alles auch im Urlaub durchaus willkommen, oder nicht? Doch leider ist der Schwerbehindertenausweis nur in Deutschland verbindlich. Das wird sich nun mit dem EU-Behindertenausweis ändern, den das EU-Parlament Ende April beschlossen hat.
Bereits seit einiger Zeit wurde im Europäischen Parlament über die Einführung eines EU-weit gültigen Behindertenausweises diskutiert. Am 24.04.2024 stimmten die Abgeordneten mit einer großen Mehrheit von 613 Stimmen für den neuen Ausweis. Gleichzeitig soll auch ein Parkausweis für Menschen mit Behinderung kommen, der in der gesamten EU genutzt werden kann. Damit werden sich gerade Reisen außerhalb des eigenen Landes für rund 80 Millionen Menschen in der EU zum Positiven verändern. Denn sie haben die Sicherheit, dass ihr Behindertenstatus auch von Behörden und Dienstleistern in einem anderen EU-Land anerkannt wird und ihnen somit der Zugang zu den im jeweiligen Reiseland geltenden Nachteilsausgleichen gewährt wird. Dadurch wird es Menschen mit Behinderungen leichter, in anderen EU-Ländern
Der Behindertenausweis und der Parkausweis werden in physischer Form als Karte und ggf. auch in digitaler Form ausgestellt. Die Ausstellung sowie die Verlängerung sind für Menschen mit Behinderung kostenlos.
Was sonst noch beschlossen wurde: Jeder Mitgliedstaat soll eine barrierefreie Website aufsetzen, auf der alle nationalen Vorteile einsehbar sind. Zusätzlich wird eine zentrale EU-Website aufgebaut, die barrierefrei und in allen in der EU vertretenen Sprachen relevante Informationen sammelt und auf die nationalen Websites verlinkt.
Einige wenige Einschränkungen gibt es beim neu beschlossenen EU-Behindertenausweis zu beachten: Der Ausweis wird nur für Kurzaufenthalte für bis zu drei Monate gelten. Eine Ausnahme besteht jedoch für Inhaber*innen, die sich aufgrund eines Mobilitätsprogramms wie Erasmus+ in einem anderen Mitgliedstaat aufhalten. Auch wer in einem anderen EU-Staat arbeitet oder studiert, kann den EU-Ausweis länger nutzen - bis zu dem Zeitpunkt, an dem der neue nationale Behindertenstatus anerkannt wird. Außerdem besteht mit dem Ausweis generell kein Anspruch auf Sozialleistungen im Aufenthaltsland.
Bis Menschen mit Beeinträchtigungen den EU-Behindertenausweis tatsächlich in ihren Händen halten, wird noch eine Weile vergehen. Die vorläufige Einigung muss nun vom Rat und vom Parlament bestätigt werden. Erst dann wird die Richtlinie von den Rechts- und Sprachsachverständigen überprüft und von beiden Organen angenommen. Doch die finale Verabschiedung hat der Rat auf die nächste Legislatur verschoben, wodurch sich die Umsetzung verlängert. Die Mitgliedstaaten haben für die Anpassung ihrer nationalen Rechtsvorschriften zweieinhalb Jahre und für die Anwendung der Richtlinie dreieinhalb Jahre Zeit.
Menschen mit Behinderungen sollen wie alle anderen auch die Möglichkeit haben, im Ausland zu reisen, zu studieren oder zu arbeiten. Der EU-Behindertenausweis markiert einen bedeutenden Fortschritt in der europäischen Sozialpolitik und trägt zu einem inklusiven Miteinander bei. Er wird das Leben vieler Menschen mit Behinderung erleichtern, indem er ihre Mobilität fördert und die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben innerhalb der EU stärkt. Damit unterstreicht der Ausweis das Engagement der Europäischen Union für soziale Gerechtigkeit und bildet eine Brücke für mehr Verständnis und Gleichberechtigung in Europa.
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