Behinderungen sind nicht immer sichtbar. Nicht nur ein Mensch im Rollstuhl kann einen Grad der Behinderung (GdB) haben, auch jemand mit regelmäßigen Migräneanfällen kann als behindert gelten. Denn chronische Erkrankungen können das tägliche Leben von Betroffenen erheblich beeinträchtigen und als Behinderung anerkannt werden, was u. a. den Zugang zu Nachteilsausgleichen eröffnet. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über chronische Krankheiten, die als Behinderung anerkannt werden können, erläutert die rechtlichen Grundlagen und erklärt den Weg zum Grad der Behinderung.
Chronische Krankheiten sind langanhaltende gesundheitliche Beeinträchtigungen, die den Alltag der Betroffenen dauerhaft beeinflussen. Eine Person gilt dann als chronisch krank, wenn sie mindestens einmal pro Quartal wegen derselben Erkrankung auf ärztliche Behandlung angewiesen ist. Sie muss sich außerdem in dauerhafter Behandlung befinden, einen Pflegegrad oder eine anerkannte Schwerbehinderung haben. In Deutschland leidet mehr als ein Drittel der Bevölkerung an einer oder mehreren chronischen Erkrankungen. Ihr Leid ist dabei oft nicht sichtbar, kann aber dennoch ihren Alltag erheblich beeinträchtigen. Zu einigen der gängigsten Krankheitsbilder gehören:
Sie sehen: Diverse körperliche und auch seelische Krankheiten können als chronische Erkrankungen gelten, wenn sie die Lebensführung dauerhaft beeinträchtigen. Aber welche Vorteile bringt es Betroffenen, wenn sie ihre Erkrankung als Behinderung anerkennen lassen? Dazu muss man wissen, dass man ab einem Grad der Behinderung (GdB) von 50 als schwerbehindert gilt und Nachteilsausgleiche zugesprochen bekommt. Dazu gehören etwa ein Sonderkündigungsschutz, zusätzliche Urlaubstage, steuerliche Erleichterungen, vergünstigte Eintrittspreise und ein früherer Renteneintritt. Außerdem können Sie ab einem GdB von 30 die Gleichstellung mit Schwerbehinderten beantragen und sich somit bereits mit einem niedrigeren GdB Nachteilsausgleiche sichern.
Rechtliche Grundlagen zum Grad der Behinderung
Wann eine Behinderung als solche anerkannt wird, ist rechtlich festgelegt: Laut dem deutschen Sozialgesetzbuch (§ 2 Abs. 1 SGB IX) liegt eine Behinderung vor, wenn die körperliche, seelische oder geistige Verfassung eines Menschen länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und dadurch die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben beeinträchtigt ist. Diese Definition gilt unabhängig davon, ob die Einschränkungen sichtbar sind oder nicht.
Dass auch chronische Erkrankungen als Behinderungen anerkannt werden können, geht auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (Aktenzeichen C-335/11 und C-337/11) aus dem Jahr 2013 zurück. Betroffene sollen damit vor Diskriminierungen wegen ihres Gesundheitszustands geschützt werden. Wichtige Grundlage ist auch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), das Menschen mit Behinderungen – auch chronisch Erkrankte – vor Diskriminierung schützt und ihnen gleiche Rechte im gesellschaftlichen und beruflichen Leben zusichert.
Der Grad der Behinderung (GdB) wird auf Antrag vom Versorgungsamt festgestellt. Ausschlaggebend ist jedoch nicht die Diagnose alleine, sondern vielmehr die durch die Erkrankung verursachten Einschränkungen. Für deren Einschätzung müssen Sie ärztliche Gutachten und andere medizinische Unterlagen vorlegen, die Ihre Einschränkungen und deren Auswirkungen auf Ihre Lebensqualität belegen. Die Bewertung erfolgt anhand der GdB-Tabelle, die verschiedene Befunde in Schweregrade einteilt. Der letztlich vergebene GdB ist immer vom Einzelfall abhängig. So kann für eine chronifizierte schwere Migräne ein GdB von 50 bis 60 vergeben werden, chronische Hepatitis mit starker entzündlicher Aktivität erreicht oft einen GdB von 50 bis 70.
Die Anerkennung einer chronischen Erkrankung als Behinderung kann Betroffenen helfen, besser mit den Herausforderungen des Alltags umzugehen und ihre Rechte wahrzunehmen. Das ist ein wichtiger Schritt, um ihre Lebensqualität zu verbessern und Chancengleichheit zu schaffen. Doch ebenso wichtig wie die rechtliche Anerkennung ist das gesellschaftliche Bewusstsein: Denn viele chronische Erkrankungen sind unsichtbar. Nichtsdestotrotz hat jede Erkrankung individuelle Auswirkungen, die es anzuerkennen gilt. Mit der richtigen Unterstützung können Betroffene ihren Alltag selbstbestimmt gestalten und aktiv am Leben teilnehmen.
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