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Lormen - Das Alphabet für Taubblinde

30. November 2023

Kommunikation ist ein grundlegendes Bedürfnis eines jeden Menschen. Doch Behinderungen können den Austausch mit anderen Personen und ganz generell mit dem eigenen Umfeld beeinträchtigen. Wer etwa blind ist, kann nicht mit visuellen Mitteln kommunizieren - wer taub ist, kann nicht auf auditive Wege zurückgreifen. Aber wie verständigen sich eigentlich Menschen, die taubblind sind? Damit auch sie sich austauschen können, wird oft Lormen verwendet. Dabei handelt es sich um eine einzigartige taktile Sprache, die speziell für die Kommunikation von und mit Taubblinden entwickelt wurde.

Kommunikation durch Berührung

Taubblindheit ist eine seltene, aber tiefgreifende Behinderung, die das Hör- und Sehvermögen betrifft. Taubblinde Menschen müssen auf gleich zwei wichtige Sinne verzichten, ein gegenseitiger Ausgleich von Hören und Sehen ist nicht möglich. Betroffene stehen vor erheblichen Herausforderungen in der Kommunikation und beim Zugang zur Welt um sie herum. Die herkömmlichen Formen der Kommunikation, wie gesprochene Sprache oder Gebärdensprache, sind nicht ausreichend. Auch Hieronymus Lorm stand vor dieser Problematik. Nachdem er als Jugendlicher ertaubt war und als Erwachsener zusätzlich erblindete, entwickelte er gemeinsam mit seiner Frau und seiner Tochter 1881 das Lorm-Alphabet, das bis heute taubblinden Menschen eine große Stütze im Alltag ist.

 

So funktioniert’s: Vereinfacht gesagt werden mit dem Lorm-Alphabet Texte in die Hand buchstabiert. Der Sprechende führt dazu bestimmte Tastberührungen auf der Hand des Lesenden durch, die auf dem Handrücken liegt. Einzelnen Fingern und Handpartien sind Buchstaben zugeordnet. Unterschieden wird beim Lormen zwischen Strichen und Punkten. Zudem können Kreise und Kreuze auf die Handfläche gemalt oder Finger zusammengedrückt werden. Ein Punkt auf der Daumenspitze steht etwa für den Buchstaben A, das Zusammendrücken der Zeige- und Mittelfingerspitzen symbolisiert den Buchstaben F. Zwischen Groß- und Kleinbuchstaben wird nicht unterschieden. Mit einem leichten Schlag oder einem Wischen auf der Handfläche signalisiert man das Wortende. Fragezeichen und Ziffern werden in die Handfläche gemalt. Ein doppelter Schlag auf die Handfläche oder den Handrücken bedeutet „Ja“. Wer etwas verneinen will, zeichnet zwei gegenläufige Streichbewegungen auf die Handfläche oder den Handrücken.

Gut zu wissen: Lormen oder Taktile Gebärdensprache?

 

Lormen ist vor allem dann einfach zu erlernen, wenn man mit der Lautsprache aufgewachsen ist. Es eignet sich daher vor allem für Menschen, die erst später in ihrem Leben ertaubt sind. Doch ist das Lorm-Alphabet nicht die einzige Form der Kommunikation für taubblinde Personen. Wer etwa von Geburt an gehörlos ist, wächst mit der Gebärdensprache auf und ist nicht mit dem Lautsystem vertraut. Wenn jemand aus diesem Personenkreis erblindet, wird deshalb dem Lormen die taktile Gebärdensprache vorgezogen. Hierbei legt die taubblinde Person ihre Hände auf die Hände des gebärdenden Gesprächspartners, um die Form und Bewegung der Gebärden zu erfühlen.

Die Bedeutung von Lormen in der taubblinden Gemeinschaft

Lormen hat sich wegen seiner leichten Erlernbarkeit und Effizienz in Deutschland durchgesetzt. Es ermöglicht taubblinden Menschen eine einfache und schnelle Kommunikation, ohne auf komplexe Kommunikationshilfen angewiesen zu sein. Durch die Verwendung von Lormen können taubblinde Menschen unabhängiger in ihrer Kommunikation sein und sind nicht ständig auf Unterstützung angewiesen. Es ermöglicht ihnen, aktiv an der Gesellschaft teilzunehmen und sich in sozialen Interaktionen, Bildungseinrichtungen und am Arbeitsplatz einzubringen. Außerdem hat Lormen eine lange Geschichte und verbindet taubblinde Menschen miteinander.

Fazit: Eine Brücke zur Welt

Lormen ist weit mehr als nur ein Alphabet. Es ist eine wichtige Brücke, die taubblinden Menschen hilft, sich mit anderen Personen zu verbinden und an der Gesellschaft teilzuhaben. Trotz der Herausforderungen, vor denen sie stehen, ermöglicht Lormen eine Form der Kommunikation, die nicht nur Gedanken und Gefühle vermittelt, sondern auch ein gewisses Maß an Unabhängigkeit sichert. Es ist ein bemerkenswertes Beispiel dafür, wie Menschen mit Behinderungen kreative Lösungen finden, um ihre Lebensqualität zu verbessern und ihrer Stimme Ausdruck zu verleihen.

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